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Laut denken …

 

Die höchste Form der Hoffnung ist die überwundene Verzweiflung. (Albert Camus) …(*)

Blog am 12.April 2022

Ist der  Vergleich des durch mutmaßlich russische Soldaten begangenen Butscha-Kriegsverbrechens mit dem von U.S.-Soldaten vor 54 Jahren in My Lai Begangenen und anderen danach im Irak, Afghanistan etc.gerechtfertigt? 

Nur bedingt, weil diese von Soldaten’westlicher Staaten’verübten Verbrechen und andere als solche nicht geleugnet, meistens verfolgt und juristisch angeklagt und verurteilt werden. Es hat aber den Anschein, dass für die russischen Soldaten entgrenztes Verhalten, grenzenlose Grausamkeit (russisch: bespredel) zum Heldenstatus gehört  und nicht als Verbrechen verstanden wird. Professionelle Beobachter diagnostizieren in der Ukraine Grausamkeit, die von russischen Soldaten wahllos an Zivilisten (einschließlich Alte, Kranke, Kinder) systemisch, also als Teil dieser Kriegsführung, verübt wird.

Man verallgemeinert nicht, wenn man russischen Menschen trotz der großartigen, wunderbaren Leistungen russischer Kultur, eine verhängnisvolle, vielleicht auch spirituelle Abhängigkeit von Kirche und Staat attestiert.

Victor Borovsky : ‚Für die Russen ist Mussorgskys Musik integraler Bestandteil ihres kulturellen Bewusstseins. Ähnlich den Romanen Dostojewskys konfrontieren seine Werke sie mit quälenden Fragen: worin liegen die Ursachen für die fortgesetzten Katastrophen Russlands und die beharrliche Missachtung des Gesetzes durch den russischen Staat, die zur Vernichtung all dessen führt und die dem Menschen sogar das Recht auf den eigenen Tod verweigert.‘

Victor Borovsky ist ein in Novosibirsk geborener russischer Theatermensch und Autor. 

Das Zitat (1989) habe ich dem CD-Booklet der Mussorgski -Oper Chowanschtschina entnommen. 

Blog/Kommentar am 13.April 2022

Margit führt einen sehr wichtigen Hinweis ein: die russische Geschichte und ihre Orthodoxie ist ohne Aufklärung in der uns bekannten Ausformung und Wirkung. Für den durch die russische Aggression hergestellten   Zivilisationsbruch muß das mitgedacht werden. 

Auch ein Ansatz, der in die Geschichte(n) Russlands und der Ukraine einführt und so auch zu den jeweils kollektiven Gedächtnissen der „Ungleichen Brüder“(aktuelle Neuerscheinung von Andreas Kappeler, Professor em. für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien und Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften[ÖAW]). 

Florence Gaub am 12. bei Lanz: „die Russen im Donbass agieren als die ‚Zwangsbefreier'“… und „Die Russen sehen aus wie Europäer, sind aber keine“. Europäische Politiker wollten „die Bulldogge ruhig halten“. Das war, das ist falsch! Auch heute noch warnen Politiker, Publizisten, auch Militärs davor, Putin zu reizen … das ist immer noch weit verbreitet. Die falsche, typisch (west-)europäische Verhaltensweise. So werden Putin und seine Siloviki eher ermutigt. „Drohgebärden würden Putin mehr beeindrucken (z.B., wenn Olaf Scholz ‚laut über Luftkorridore nachdächte’…).“ Nur rohe Kraftdemonstrationen und der Gewaltbereitschaft imponieren Gewaltmenschen wie Putin.

(*) … anerkennen, dass es Möglichkeiten gibt, die über alles Vorstellbare hinausgehen und zu diesem Zeitpunkt noch nicht existieren.

aus Die Zeit am 17.April angepasst zitiert.

„When this war is over, Europe will no longer be defined by the history of the Second World War. The next era of European history, whenever it begins, will be the aftermath of the war in Ukraine.” Zitat von Masha Gessen, Staff Writer of The New Yorker in ihrem Beitrag THE MEMORIAL,The New Yorker, April 16, 2022.

 

Ein Kommentar

  • Brigitta Marg-Schöne

    Hallo lieber Axel. Seit vorgestern bin ich wieder zuhause nach ein paar Tagen bei meiner Schwägerin Gabriele. Eine unglaublich intensive gemeinsame Zeit mit therapeutischen Elementen…..Da ist die schreckliche Ukraine- Situation vollkommen in den Hintergrund getreten.
    Ich finde wieder mal deinen Text sehr anregend, da er die“ russische Seele“ und ihre Zerrissenheit aufzeigt. Mein Vater war ein ausgesprochener Russenfreund. Er war im 1. Weltkrieg Gefangener in Sibirien. Er ist mit 4 Freunden nach geraumer Zeit dort ausgebückst und ca 4 Jahre im großen Sibirien unterwegs gewesen. Da er im Lager russisch gelernt hatte, konnten die 5 Männer arbeiten, wenn sich ihnen was bot. Er war hingerissen von den russischen Menschen und natürlich auch von der einmalig schönen Landschaft. Das ist die gute Seite….
    Ich glaube tatsächlich, dass die lange diktatorische Geschichte die Menschen unheilvoll geprägt hat. Angst spielt da eine große Rolle. Und ein starker Verdrängungsmechanismus ermöglicht vielen Menschen im System zu bleiben. Dazu gehört auch der Heldenstatus der Armee.
    Mir istvieles fremd in dem Zusammenhang.
    Aber: ergibt sie,die wunderbaren russischen Menschen . Danke für deine klugen Anstöße, lieber Axel. Herzlichst Gitta

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