Sueddeutsche am 18.Juni“Kein Werk wie seines“ Beitrag zum Forum über Ukraine-Waffenhilfe anläßlich Jürgen Habermas’95stem
Reinhard Merkel schreibt im Gastbeitrag(*) von „schrillem Echo kriegstüchtiger Misstöne und neuem Enthusiasmus für eine alte deutsche Tugend (welche ?)“.
*https://www.sueddeutsche.de/kultur/juergen-habermas-95-geburtstag-reinhard-merkel-lux.8hwFhN2MfptinXS1ZVkAs2
Und aus der cloaca maxima herauszitiert, daß Putin „nicht“, falls die Ukraine unterliege, an deren Grenzen „Halt mache“, sei eine wenig plausible Prämisse.
Wenn schon ex cathedra – was eigentlich der Habermas-Theorie vom herrschaftsfreien Diskurs zuwider läuft – dann bitte begründet.
Will man hier im“Westen“, wo wir das Glück einer gewissenhaft recherchierenden und freien Presse und freien Zugang zu den Dokumentationen angesehener Historiker und Slawisten haben, lieber nicht glauben, dass es Putin und Hintersassen wie Solowjew, Dugin, Patruschev, Patriarch Kyrill, Lawrow, Peskow ernst meinen, wenn sie den russischen UdSSR-Revisionismus seit „der größten geopolitischen Katastrophe des 20.Jahrhunderts“ begründen und kontinuierlich mit offensichtlichen wie auch geschickt formulierten Lügen die Organisation des Nordatlantikvertrags zum Agressionsbund gegen das heilige Russland umerklären.
Merkel: „Der Westen, liest man, solle nicht davor zurückschrecken, Russland zu besiegen.“ Ist nicht eher der Umkehrschluss angemessen?
Ist es nicht die Ukraine, die sich erfolgreich gegen den Agressor wehren also nicht besiegt werden soll?
Hier wird eine europäische, die ukrainische Gesellschaft lächerlich gemacht, die sich unter großen Opfern gegen einen verbrecherischen Invasor wehrt und die sich um Werte bewirbt, Werte, welche Bürger der Europäischen Union inzwischen als selbstverständlich hinnehmen.
Würde sich die deutsche Gesellschaft dem Invasor ebenso opferbereit entgegenstellen und um für die so „selbstverständlichen“ Werte kämpfen?
Es passt nicht zum diskursiven Habermas-Stil, bei dem es implizit um Respekt für das potenziell bessere Argument geht, wenn das diskursive Einstehen für die Waffenhilfe für die ukrainische Gesellschaft, im Simplicissimus-Stil herabgewürdigt wird.
Philipp Felsch spricht im Interview (*) von Kriegslüsternheit, die er in Deutschland eigentlich längst überwunden glaubte. Überwunden wohl, weil wir „Naiven“ an das Ende der Geschichte geglaubt hatten. Man glaubt ja gerne, was man glauben will. Wer nicht?
*https://www.sueddeutsche.de/kultur/juergen-habermas-philipp-felsch-interview-ukrainepolitik-lux.6mTxUpHKKKBPWDsFJPbkfR
Ist die russische Aggression, die Invasion in die Ukraine im Februar 2022 und die unmittelbar folgenden Massaker (Butscha etc. … und jeden Tag seitdem bis heute) nur deswegen keine „Polizeiaktion“ wie im Fall Kosovo 25 Jahre davor wert, weil Serbien keine Atomwaffen hat?
Wir beteiligen uns hier nur mit Waffen nicht nur, weil wir zu lange an das Ende der Geschichte geglaubt haben und uns noch nicht einmal für einen Verteidigungskrieg gerüstet haben, sondern weil wir nicht direkt angegriffen wurden (memento Vegetius: „Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor“ – Eintrag im lateinischen Urtext auf einem Wandbild, das einen darüber sinnierenden Menschen zeigt).
Ist es ethisch verantwortbar, tatenlos zuzusehen, wie dieses europäisch-ukrainische Volk genau die Werte für sich in Anspruch nehmen will, die für unser Leben hier essenziell sind? Und was sind uns hier unsere Werte (wie im Grundgesetz und der UN-Charta verankert) eigentlich wert, wenn wir nicht Nachbarn bei der Verteidigung oder auch nur Erlangung dieser Werte für sich tatkräftig mindestens mit Waffen unterstützen?
Frei nach Habermas, wie ich meine: Let’s agree to disagree.