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Pfingsten für Ungläubige

Sibylle Anderl (Astropysikerin, Leiterin des ZEIT-Ressorts Wissen) hat (*) versucht, die Frage ‚Ist es vernünftig, an Gott zu glauben?‘ zu beantworten (zu lesen in Die Zeit 24/2025).
Meine Antwort ist – gerade jetzt, an diesem Pfingsten – säkular: 
Jesus – er lebte und an seine Mission und Wirkung zu glauben, ist auch für den säkularen, evolutionären Humanisten selbstverständlich – hatte „den heiligen Geist geschickt“. Durch ihn konnten und können Jesus‘ Anhänger der Welt vielsprachig ‚von Gott und Jesus und den guten Werken‘ erzählen.
Wer will, kann den heiligen Geist durch den kategorischen Imperativ vertreten lassen und sich des Grundgesetzes der über sich selbst aufgeklärten praktischen Vernunft besinnen.
Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter in der Bergpredigt mit dem Appell Jesus‘ »Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan«, ist humanistische Moralphilosophie.
Sie passt praktisch und ganz besonders zu den aktuellen Ereignissen in der Ukraine, in Gaza und in vielen anderen Regionen. 
Sie passt immer.
Pfingsten ist somit auch das Fest der polyglotten Humanisten und heute – vielleicht besonders – ein Fest der Säkularen. 
Und für uns Alte hat die vermutlich agnostische Autorin auch das:
„Selbst wenn mit dem Tod Schluss ist – bleiben zahlreiche Spuren des eigenen Wirkens in der objektiven Welt, im Leben der anderen.“
(*) in Gesprächen mit ihrem todkranken Vater 
Post scriptum am 23.Juni:
Aus Leserbriefen dazu an die ZEIT vom 17.06.: „Während der Glaube an ein Jenseits mit einem Gott für den (todkranken) Vater der Autorin eine tröstliche Perspektive darstellt, bestärkt der Glauben an die Nichtexistenz eines richtenden Gottes Menschen in ihrem Lebensziel, durch eigenes Wirken zu mehr Gerechtigkeit auf dieser Welt beizutragen.“
Auch bemerkenswert die Zuschrift eines der Grenzgänger zwischen Glauben und Zweifeln:
„Wer nach Gott fragt, fragt genau nach dem Ur-Grund, warum überhaupt etwas existiert. An Gott zu glauben, bedeutet also noch eine ganz andere Dimension, die alle physikalischen, auch alle subjektiven und ideellen Dimensionen übersteigt. Der Tod wird dann zum Hineinsterben in diese andere Dimension, die alles umgibt und trägt.“
Da scheint mir bestenfalls Agnostizismus mit ein bisschen „na vielleicht doch“ in jener „anderen Dimension“ durch … oder genau umgekehrt ?