Die verflixte Mitte
Ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe der ZEIT zum Lesen und Reflektieren … „Wer in der Mitte steht, macht sich verdächtig“(Feuilleton).

Der Verfasser, Yassin Musharbash, leitet stellvertretend das Ressort Investigative Recherche und Daten der ZEIT. Er ist „deutscher Staatsbürger seit Geburt – mit arabischen Wurzeln“ und ist „in der deutschen Tradition verwurzelt“ und so – wie wir anderen Deutschen – in der Pflicht, aus unserer „schrecklichen Vergangenheit Lehren zu ziehen“. Er ist, meine ich, typischer Vertreter des perspektivischen Europa, das sich nur mit Einwanderern konstruktiv weiterentwickeln kann.
Ich teile diesen Standort der Mitte ausdrücklich. Der Beitrag steht auch für andere ähnlich komplexe Auseinandersetzungen – privat und öffentlich. Er bietet auch die Möglichkeit der Versöhnung.
„Falsche Gewissheiten sind das Grundübel des Nahostdiskurses in Deutschland.“
„Wer in der Mitte steht oder es wagt, mit beiden Seiten zu sprechen oder einige der Prämissen“seines“Lagers zu hinterfragen, der macht sich: verdächtig. 
„Israel ist (k)ein kolonialistisches Projekt.“
In Kenntnis der perspektivischen Zitate Theodor Herzls (z.B.in seinem Roman“Altneuland“, veröffentlicht nach „Der Judenstaat“) kann man sehr wohl von kolonisatorischen Vorstellungen Herzls, wohl auch anderen Prominenten (z.B.Lord Balfour) auch jüdischen wie Ze’ev Jabotinski, Ben Gurion, sprechen.
Rashid Khalidi zitiert in seinem Buch „The Hundred Years War“ aus dem Briefwechsel seines Grossonkels Yusuf Diya al-Din Pasha al-Khalidi mit Theodor Herzl.
Ich meine, Kolonialismus war vor 100-150 Jahren noch nicht das Teufelszeug, mit dem man diese Form der Landnahme zu recht – als Humanist – heute assoziiert.
„Die Palästinenser sind gar kein Volk.“(*)
Verdienen es Palästinenser nicht(auch), in Sicherheit zu leben?
1895-Eintrag in Herzls Tagebuch: Wir müssen das Privateigentum auf den uns zugewiesenen Ländereien schonend enteignen. Wir werden versuchen, die mittellose Bevölkerung über die Grenze zu bringen, indem wir ihr in den Transitländern Arbeit verschaffen, während wir ihr in unserem eigenen Land die Arbeit verweigern. Die Grundeigentümer werden auf unsere Seite kommen. Sowohl der Prozess der Enteignung als auch der Abtransport der Armen muss diskret und umsichtig erfolgen“ …
und in 1897: „Ein Land ohne Volk(*) für ein Volk ohne Land„. Herzl meinte das Land der Palästinenser mit den sehr lebendigen Städten Haifa, Jaffa und Gaza. Auch in Herzls politischem Manifest – Der Judensaat – und in seinem Roman ‚AltNeuland‘ vertritt und beschreibt Herzl seine gutartig gemeinte Version der Kolonisierung.
„Man kann gegen Antisemitismus und für das Recht auf friedliche Studentenproteste zugleich sein.“ Musharbash hält antiisraelisch nicht für das zwingende Gegenstück zu propalästinensisch.
Und andersherum: Proisraelisch muss nicht bedeuten, antipalästinensisch zu sein.
Dieses vermeintliche Gegensatzpaar ist eine Täuschung.“
Der Beitrag in vollem Umfang: Die Zeit 29/2025, Feuilleton.